Ein Ende aller Dinge

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Ich dachte, ich hätte dem Tod ins Auge geschaut, als ich damals dem Notarzt mit einem Blutdruck von 200/120  in den Gang gekotzt habe, weil ich das viele Nitro wohl nicht richtig vertragen habe. Als mensch mir erklärte, dass ich wohl keinen Tag später hätte kommen dürfen. Als die Intensivstationsärztin mir zum dritten Mal eine riesige Spritze in die Oberschenkelarterie stieß, während die lokale Betäubung langsam nachließ. Als ich im Dämmerzustand mitansah, wie mein Blut durch eine dicke Kanüle in eine Maschine zur Reinigung und dann wieder in meinem Körper zurücklief. Damals dachte ich, viel näher kommst Du dem Tod wohl nicht mehr.

Aber ich hatte keinen Schlauch in Mund und Rachen, durch den eine Maschine Luft in meine Lungen pressen musste, mein zahnloser Mund bewegte sich nicht wortlos, meine Glieder zuckten nicht scheinbar unkoordiniert und meine Augen schauten nicht hilflos unter halbgeschlossenen Lidern aus tiefen Höhlen in die Gegend, weil all die verzweifelten Gedanken keinen Weg nach draußen mehr finden konnten, meine Haut war nicht so blass wie das Bettlaken, das meinen ausgemergelten und vom Muskelschwund deformierten Körper bedeckte und mein Bruder stand nicht mit an meinem Bett und musste mit den Tränen kämpfen, weil er schon wusste, es wird kein zurück ins Leben mehr geben, während er mir noch erzählt, dass ich jetzt zwar ganz unten sei, aber kämpfen müsse, weil ich doch noch Pläne habe und er Montag wieder vorbeikäme.

Erst seit heute weiß ich, was es heißt, dem Tod ins Auge zu schauen.

Eine Antwort »

  1. Welch zarter Kern in einer rauen Schale. Behalte ihn in Erinnerung wie er vor zig Jahren mal war, so werde ich es auch machen.
    Liedvorschläge für seine Beerdigung:
    Ses Pistols God save the Queen
    F. Zappa: Stinkfoot das sind Lieder die wir oft gehört haben

    Kirsten

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