Beobachtungen am Wegesrand (I)

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Als ich neulich vom Geschäft zum Parkplatz meines Autos laufe, sah ich in einem Wohngebiet das folgende nette Objekt:

Eine vollkommen unbeschriftete Klingel in einer Art Vogelhäuschen direkt hinterm Gartenzaun; das fand ich lustig und originell. Und irgendwie im Gegensatz zu normalen Klingeln auch so auffällig, dass ich mich fragte, drückt da denn nicht jeder Passant einfach mal so aus reiner Neugier drauf? Einfach nur weil es so außergewöhnlich ist, eben so wie das halt kleine Kinder – und zugegeben ich auch immer noch – machen, wenn sie etwas Neues entdecken. Ja und wie reagieren die Leute, die das aufgestellt haben, dann darauf?

Wer nicht fragt, bleibt dumm, habe ich als Kind gelernt und schon klingle ich! Ich habe Glück, es ist jemand zu Hause; die Tür öffnet sich, ein fitter, älterer Herr steht da und schaut mich fragend an: „Hallo, Sie wünschen?“

Ich strahle in mit meinem kindlichen Gemüt an und sage: „Hallo, ich habe gerade diese tolle Klingel gesehen und ich habe mich gefragt, ob da jetzt oft Leute einfach nur so zum Spaß klingeln, weil die so originell ist und um zu sehen, ob sie vielleicht auch originelle Geräusche macht?“

Ich kann seinen Blick nicht so richtig deuten, er schaut etwas seltsam, finde ich, und antwortet: „Ist das Ihr Ernst?“

„Na ja, ich“ das Wort „ich“ spreche ich dabei bewusst betont aus „klingele ja nicht zum Spaß bei fremden Leuten!“ strahle ich ihn weiter an!

Sein Gesichtsausdruck wird nun noch mysteriöser; für Sekundenbruchteile sehe ich eine Art bizarres Grinsen, das dann aber zügig einer deutlichen Verärgerung weicht: „Wollen sie mich verarschen?“

Nun schaue ich verwirrt und er fährt fort: „Dieses Scheißding war eine Idee meiner Frau, weil sie es so süß“ er sagt das mit einem deutlichen ironischen Unterton „fand. Seither klingeln hier ständig irgendwelche Idioten; manche sind dann einfach weg, wenn ich rauskomme und manche stellen noch dämliche Fragen so wie Sie! Und wenn Sie jetzt nicht gleich schauen, dass Sie Land gewinnen, dann lernen Sie mich mal richtig kennen! „

Nun, da ich die Antwort auf meine Frage ja implizit erhalten hatte und er aufgrund seiner Ausdrucksweise nicht so wirkte, als ob ich ihn wirklich besser kennenlernen wollte, bin ich lieber weitergezogen. Aber zugegeben hätte mich interessiert, wie eine Frau, die so einen Sinn für schöne Dinge wie diese Klingel hat, so einen Grobian von Mann heiraten konnte?!

Der Leitsatz „Wer nicht fragt, bleibt dumm!“ schoss mir wieder in den Sinn und einen kurzen Moment dachte ich darüber nach, noch mal zurück zu gehen. Aber die Vorstellung, dass nach dem Klingeln wieder der Grobian die Tür aufmachen würde und ich ihn erst überzeugen müsste, mich mit seiner Frau sprechen zu lassen, war dann doch nicht so verlockend. Und so ging ich meiner Wege.

Mensch muss einfach nicht alles wissen!

(P.S.: Die Handlung ist frei erfunden, wenn also jemand weiß, wo diese Klingel steht; dort wohnt kein Grobian!

P.P.S.: Also denke ich zumindest! Genau wissen tu ich das natürlich nicht, weil ich weiß ja gar nicht, wer da wohnt!

P.P.P.S.: Vielleicht sollte ich jetzt doch mal dort klingeln, um das zu überprüfen, nicht, dass ich hier was Falsches behaupte, denn “Wer nicht fragt, bleibt dumm!”)

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